Kurz besprochen
Henning Wagenbreth: Plastic Dog

Alltagsabenteuer in der
Science-Fiction-Zukunft

Von Heinrich Raatschen

Gedruckt bei sachsendruck Plauen: Plastic Dog von Henning Wagenbreth

Erscheint am 16. August: Die Buchausgabe wurde bei Sachsendruck Plauen gedruckt. (Foto: Henning Wagenbreth)

Henning Wagenbreth: Plastic Dog
Walde und Graf, 2013
24 Seiten
Preis: 19,99 €

www.metrolit.de

 

Plastic Dog erschien ursprünglich schwarz-weiß für PDAs.

Plastic Dog erschien ursprünglich schwarz-weiß für PDAs. Original-Produktinfo 2002: »Der neue Palm m515 Handheld ist das ultimative Business-Tool. Mit 16 MB Speicher bietet er viel Platz für alle Ihre Daten.« Mit Original-Hand von Henning Wagenbreth.

Wagenbreths ursprünglich digitaler Zukunfts-Comic Plastic Dog erscheint jetzt als gedrucktes Buch bei Walde und Graf. 1 : 0 für die Gutenberg-Galaxis!

Die ersten Leser von Plastic Dog luden sich die Geschichten auf PDAs mit dem Betriebssystem Palm OS herunter. »Sicher kein Massenpublikum«, sagt Henning Wagenbreth heute, aber er hat »die Serie wirklich nur dafür gemacht.« Er betont das wenn er Menschen wie mir begegnet, die sich an die altertümlichen Taschen-Computer kaum noch erinnern. »Ich war 2000 ein knappes Jahr in San Francisco und da sind alle mit diesen Dingern herumgerannt«, erzählt Wagenbreth. »Da hat es mich interessiert, wie man die für Comics benutzen könnte.«

Worum geht's? Das bunte Bilderbuch Plastic Dog erzählt erstaunliche Alltagsabenteuer in der Science-Fiction-Zukunft. Plastic Dog und seine Freunde fallen beim Adventure-Urlaub vom Himmel und zerstören mit Videospielen ahnungslos die eigene Stadt, Großvater wird mit kryogener Technik tiefgefroren. Plastic Dog begegnet kapitalistischen Arbeitsverträgen und besserwisserischen Robotern und nimmt an missverstandenen Revolutionen teil. Klingt wie heute. In 24 Episoden entfaltet Henning Wagenbreth ein absurd buntes, unterhaltsames Zukunfts-Panorama.

»Die ersten Geschichten habe ich in Schwarz-Weiß entworfen«, erklärt Wagenbreth, »weil es die PDAs noch nicht in Farbe gab.« Die gesamte Gestaltung geschah am Monitor. »Alles schön einzeln im Photoshop gepixelt.« Die ebenfalls pixelige Schrift baute er eigens im Fontstudio. »Eben ein elektronisches Comic.« Wobei die Ästhetik der 8-Bit-Computer-Spiele auch 2003 schon altmodisch war und eher an die 1980er erinnert. Statt monotoner Ping-Pong-Spiele bekommen wir immerhin echte Charaktere und Stories. Natürlich ist das ein ästhetischer Trick, denn Wagenbreth ist eigentlich Avantgardist.

Wagenbreth arbeitet erfolgreich als Illustrator für Bücher, Plakate, Briefmarken und Zeitungen – seit vielen Jahren zeichnet er lllustrationen für die New York Times, gestaltet Theaterplakate und die Poster für das Jazzfest Berlin. Für seine Buchgestaltung erhält er Preise, zuletzt für Robert Louis Stevensons Der Pirat und der Apotheker (2012). Geboren 1962 in Eberswalde, studierte Wagenbreth an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Seit 1994 ist er Professor für Illustration und Grafikdesign an der Universität der Künste Berlin.

Als es später Palm Pilots mit Farbdisplay gab fügte Wagenbreth seiner Serie Farbe hinzu. DIE ZEIT präsentierte die Episoden 2004 auf ihrer Webseite, außerdem zum Download und in der gedruckten Ausgabe. Der französische Autoren-Verlag L'Association lieferte vergangenes Jahr eine schön produzierte Buchausgabe. Den vorläufig siegreichen Endstand für das Gutenberg-Universum spielt jetzt die deutsche Version des Buches ein. Sie erscheint beim kleinen Berliner Verlag Walde und Graf – er ist vor kurzem aus Zürich übergesiedelt und wird als Programmreihe bei Metrolit geführt.

Heinrich Raatschen schreibt über moderne Grafik und Illustration, zuletzt für das Typo-Magazin SLANTED. Er arbeitet in Public Relations und Marketing und lebt in Düsseldorf.
Blog: http://raatschen.blogspot.de
Kontakt: heinrich.raatschen@web.de

Plastic Dog – Unar

Plastic Dog – Palast

Plastic Dog – Kryonaut

Plastic Dog – Besuch

© Alle Bildrechte bei Henning Wagenbreth. www.wagenbreth.de www.plasticdog.de


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