Zum Tod des Illustrationsexperten
Armin Abmeier
Die Liebe zu Bildern und Geschichten
Von Juliane Pieper
Im November 2007 stand ich mit einem warmen Bier schwitzend in einem winzigen Galerieraum in New York – die Leute rauchten und der Lärm war ohrenbetäubend. Also alles wie immer in New York. Die Stimmung war prima: Es war „Illustration Week“. Die American Illustration Party wurde gerade in diese Galerie samt Kneipe verlagert, und der Illustrator und UdK-Professor Henning Wagenbreth kam auf mich zu und stellte mir den freundlichen Herrn mit weißem Bart vor, der mich an Robert Crumbs Mr. Natural erinnerte. Um seine Augen waren Lachfältchen, in ihnen blitzte der Schalk. Das war Armin Abmeier. Nach Sekunden unterhielten wir uns schon über Bukowski und Kafka, Minuten später wussten wir, dass wir für das Jitter Magazin einen Beitrag zur Illustrationswoche in New York machen wollten. Ich arbeitete damals an meiner Diplomarbeit zum Thema Illustration in New York; ein Trick, um selber den Markt besser zu verstehen, um später eine erfolgreiche Illustratorin zu werden. Ich versuche es immer noch...
Doch im Grunde war das alles nicht so wichtig. Wichtig war allein, dass ich seit dem Tag einen großartigen Freund und Mentor in Armin gefunden hatte. Am 24. Juli 2012 ist Armin Abmeier mit 72 Jahren nach schwerer Erkrankung in München gestorben.
Der Herausgeber Abmeier war ein Mensch, der Bild wie Text gleichsam geliebt hat. Als Verlagsvertreter kam er von der Literatur, doch in Gesprächen erzählte er mir, wie sehr er in seiner Jugend Pulp und Comics geliebt hat. Es standen nicht viele Bücher in seinem Elternhaus. Ich glaube sogar, nicht ein einziges. Es gab zu Hause finanzielle Sorgen. Und Superhelden lenken ab und machen Spaß.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit ihm, da ging es um Charlotte Roches Feuchtgebiete. »Mir hat das Buch gefallen,« sagte er, »ich fand es so erfrischend!« Das deutsche Feuilleton hatte es weitgehend in der Luft zerrissen. Armins Zugang zu Bildern und Texten war ein ganz persönlicher, der auf Freude am Erzählen basierte, auch Freude am Rebellischen. Der Kanon interessierte ihn nicht sonderlich. Vielleicht war er deswegen ein so guter und beliebter Vertreter und später Herausgeber, weil er mit Liebe an Texte und Bilder herangegangen ist. Wie schon in seiner Jugend. Überhaupt wohnte in Armin ein junge Seele, und er versprühte eine ansteckende Leichtigkeit. Armin ging es nie darum, sich als Bildungsbürger zu inszenieren, ihm ging es um die gute Geschichte, um den Moment, wo er begeistert wird. Genauso ist das auch mit der Auswahl »seiner« Illustratoren für »Die tollen Hefte« gewesen (www.tolle-hefte.de). Armin Abmeier wusste sehr genau, was ihm gefällt, wonach er sucht und welcher Zeichner sich auf einen Text – ausgewählt von diesem selbst oder von Abmeier – einlassen kann. Er war ein Sammler toller Geschichten, toller Zeichnungen. Großzügig war er, auch im Teilen seines Wissens, seines Geistes, seines Auges und seines Ohrs.
Armin hat einfach nur getan, was ihm Spaß machte: Bücher herausgeben, die ihm inhaltlich etwas bedeuteten, mit Bildern, die ihm etwas bedeuteten, von Menschen, die ihm etwas bedeuteten. Dabei hat er uns bereichert. Er wurde zum Förderer von Zeichnern und der Illustration, die mit ihm einen wichtigen Impulsgeber und engagierten Fürsprecher verliert. Armin war ein Freund. Ich werde ihn vermissen, den tollen Armin.
Wir trauern mit seiner Frau, der bekannten Illustratorin Rotraut Susanne Berner. Ihr besonders gilt unsere Anteilnahme.
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