EDITORIAL #03 LACHEN
Gelacht wird in allen Kulturen und aus den unterschiedlichsten Gründen. Zwar wird allgemein das Lachen mit dem Lustigsein in Verbindung gebracht, tatsächlich ist es nur in seltenen Fällen Ausdruck ungebrochener Freude und Heiterkeit. Vielmehr sind
es widersprüchliche Situationen und Ereignisse, die wir lachend
beantworten, weil eine andere Antwort nicht mehr möglich ist. Im Lachen mischen sich Formen der Bejahung und Bestätigung mit Verneinung, Zweifel, Ablehnung und Revolte. Im Lachen sind das Gute und Böse unentwirrbar ineinander verschlungen: Die Grundstruktur des Komischen ist ambivalent. Besonders deutlich tritt dies im Maskenspiel, im Karneval und in der Groteske in Erscheinung Hier finden sich auch jene körperlichen Merkmale, die für Karikatur, Comic und Cartoon so ergiebig sind, allen voran die große Nase.
Der Karneval: im Animationsfilm hat er seinen festen Platz, wie Iva Indshewa nicht nur am Beispiel von Walt Disneys Kinoerfolg »Der Glöckner von Notre Dame« zeigt. (S. 62)
In den wunderbaren Holzdrucken von Roman Klonek begegnet uns das Groteske in Gestalt riesiger Nasen (S. 32), während der Berliner Cartoonist OL mit fetten Bäuchen, gewaltigen Brüsten und weit aufgerissenen Mündern in lebhaftem Kolorit das ganze Drama der körperlichen Existenz inszeniert. (S. 20)
Vorwiegend mit der humoristischen Entlarvung politischen Größenwahns beschäftigte sich die Karikatur des 19. Jhdts. – die Ausstellung von Napoleonkarikaturen besuchte Gislinde Seybert für jitter. (S. 15)
Dem Komischen verdankt der Comic zwar seine Bezeichnung, doch häufig ist er, besonders in der modernen Form der Graphic Novel, alles andere als das. Jan Frederik Bandel suchte nach dem Humor in der deutschen Comicszene. (S. 28)
Heitere Leichtigkeit kennzeichnet die Arbeiten des »Mietkünstlers« Nils Fliegner – im Interview mit Sandro Pezzella (S. 70). Gehobenes Unglück als Quelle des Lachens wird hingegen bei Rattelschneck gepflegt. Hier weiß man nicht so recht, ob man lachen oder weinen soll, wie der Kulturphilosoph Dietmar Voss herausstellt. (S. 58)
Mit dem Spott Tür an Tür wohnt das Lachen in den Arbeiten von Casey McKee, vorgestellt von Tim Schomacker. (S. 38)
Mit der Street Art verbindet den Humor das Spielerische und Anarchische. Katrin Wolf hat Berliner Street Art-Akteure nach dem identitätsstiftenden Potential der urbanen Zeichen befragt. (S. 8)
Im Ganzen ist sie zwar eher nachdenklich, im Detail jedoch enthält die Geschichte Es war finster und merkwürdig still durchaus komische Elemente. Der Illustrator und Autor Einar Turkowski wird vorgestellt von Albrecht Rissler. (S. 66)
Nicht frei von Selbstironie schließlich wurde im letzten Herbst die Veröffentlichung von American Illustration in New York gefeiert: Auf der »Party To Die For« trafen sich in höchst unterschiedlicher Mission Armin Abmeier und Juliane Pieper – und beschlossen kurzerhand ein kleines Special über die »Welthauptstadt der Illustration.« (ab S. 74)
Andreas Rauth
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