Das ist ganz sicher der wichtigste Beitrag zur Illustration mindestens der letzten fünfzehn Jahre. Vorausgesetzt, man ist bereit, der Illustration eine Weiterentwicklung zuzugestehen, die sie aus dem Ghetto des rein Abbildhaft-Narrativen herausführt, das ohnehin, mehr als überfüllt – man schaue sich nur das hemmungslose Geplapper der Graphic Novel-Schwemme an –, unter Redundanz und Banalität zusammenzubrechen droht und bis auf weiteres eigentlich keine weiteren Zugänge mehr benötigt. Bezeichnend ist, dass dieser hoffnungsvoll stimmende Beitrag gar nicht von einem Illustrator kommt, wenngleich der Schweizer Yves Netzhammer, der zu den bedeutendsten zeitgenössischen Zeichnern und Animationsfilmern gehört, früher auch als Illustrator tätig war.
Das Buch enthält nicht ein Zeile Text, lediglich zwei Aufkleber auf Vorder- und Rückseite geben Auskunft über Autor, Titel und Verlag. Netzhammers Concave Thoughts – inwendige Gedanken – ist auf jeder Seite spannend, weil er erstens davon absieht, einen individuell-expressiven Strich zu kultivieren, an dem das Auge schnell erlahmt; zweitens motivische Kombinationen und Wendungen findet und erfindet, die nicht erzählend sind, sondern einer wilden Sprache gleichen, oder besser das Wilde der Sprache hervorkehren, wie es wohl nur mit Bildern möglich ist. Die völlig überstrapazierte Rede von der Bildsprache, ein Füllsel der Ahnungslosigkeit zumeist, hier ist sie angebracht. _ar
Ausgabe mit 32 verschiedenen Covern. 3200 unterschiedliche Zusammenstellungen der 32 Druckbögen mit jeweils 16 Seiten.
- Yves Netzhammer. Concave Thoughts. 357 Digital Drawings
512 Seiten, Broschur, 357 sw. Abb.
Berlin: diaphanes 2016 - € 30,00 / CHF 35,00