Zum Abschluss der Ausstellungsreihe ›Überflogenes Weiß‹, die an ostasiatische Bildauffassungen anknüpft, zeigt die Hegenbarth Sammlung Berlin über 30 schwarzweiße und farbige Papierarbeiten von Corinne Laroche, die zwischen 2010 und 2018 entstanden sind. Corinne Laroche reduziert den Akt des Zeichnens auf ein Minimum: Das Papier speichert den zeichnerischen Vorgang und bildet die erlebte Zeit fast ohne gestisches Tun ab. Sind die entstandenen Zeichnungen Punkte des Zufalls oder nicht? Der französische Titel ‚Points de Hasard‘ kann irritierenderweise beides bedeuten.
Die 1957 in Toulon geborene Künstlerin begann nach ihrer Ausbildung an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts Paris zunächst als Malerin. Ihre Arbeiten sind gekennzeichnet von einer eigens entwickelten Linienstruktur, die gefüllt wird, indem sie Filzstifte einzeln oder bündelweise auf das Löschpapier setzt. Der Faktor Zeit spielt eine zentrale Rolle, denn Corinne Laroche sitzt reglos, oft stundenlang vor den Papierbögen und lässt kontrolliert und doch ohne gestisches Tun die Tusche vom Papier aufsaugen. Der Zeichengrund speichert dabei den Vorgang bzw. die erlebte Zeit auf seiner Oberfläche. Je nach Tagesform der Künstlerin und Uhrzeit arbeitet sie sich mit unterschiedlicher Energie an den Schnittpunkten entlang — füllt Raster aus oder lässt Punkte unterschiedlicher Größe und Reihung entstehen. Es handelt sich hierbei nur auf den ersten Blick um Punkte des Zufalls.

Corinne Laroche, Mandorla, 2014, Filzstift auf Löschpapier, 131 × 101 cm, © Corinne Laroche, 2018
Für Corinne Laroche stellt dieser Prozess eine meditative Praxis dar. Und genau darin zeigt ihr Werk auffällige Parallelen zu ostasiatischen Bildauffassungen, die vom spannungsvollen Verhältnis von Leere und Fülle, von dezentraler Komposition und fließenden Übergängen geprägt sind, ähnlich wie bei der Ästhetik des fei bai (Überflogenes Weiß). Dieser Technik wurde in der Gegenüberstellung chinesischer Tuschmalereien und Werken Josef Hegenbarths nachgespürt (Überflogenes Weiß I — Der östliche Hegenbarth). Erweitert wurde dieser Blick durch Arbeiten zeitgenössischer Künstler (Überflogenes Weiß II — Thomas Baumhekel: Arkona. Deutsche Landschaft japanisch; Überflogenes Weiß III — Heinz Handschick: Handzeichnungen). Corinne Laroche bildet somit einen hervorragenden Schlusspunkt dieser vierteiligen Ausstellungsreihe.
Corinne Laroche
1957 geboren in Toulon (Frankreich)
1984 Studium an der École nationale supérieure des beaux-arts Paris und Abschluss bei Olivier Debré (1920—1999)
2005–2015 temporäre Arbeitsaufenthalte in Berlin
Professur an der Universität Jules Verne Amiens, lebt und arbeitet in Paris
Katalog
Während der Ausstellung ist ein Katalog mit Begleittexten in französischer, englischer und deutscher Sprache sowie zahlreichen Abbildungen erhältlich (Corinne Laroche: Dessins, Drawings, Zeichnungen. Paris: Laurent Mueller, 2015, € 35,00).
Termine und Programm:
22. Januar 2019, 11–12 Uhr
Presse-Imbiss Informationen und Snacks zur aktuellen Ausstellung für Vertreterinnen und Vertreter der Presse
23. Januar 2019, 19–21 Uhr
Ausstellungseröffnung im Beisein der Künstlerin
25. Januar 2019, 19 Uhr
Künstlergespräch mit Corinne Laroche (Paris), Frizzi Krella, Kunsthistorikerin (Guardini Stiftung Berlin) und Prof. Mark Lammert, Künstler (Universität der Künste Berlin)
27. Januar 2019, 12–14 Uhr
Kindervernissage mit Familienworkshop, in deutscher und französischer Sprache
17. Februar 2019, 11–14 Uhr
Sonntagsmatinee mit öffentlicher Führung um 11.30 Uhr (Führungsgebühr 3 Euro p. P.)
22. Februar 2019, 19 Uhr
Ausstellungsgespräch mit Dr. Andreas Schalhorn (Kupferstichkabinett SMB)
17. März 2019, 11–14 Uhr
Sonntagsmatinee mit öffentlicher Führung um 11.30 Uhr (Führungsgebühr 3 Euro p. P.) in deutscher und französischer Sprache
27.03.2019, 20 Uhr
Konzert für Violine solo: Klangfarbe auf schwingendem Körper. Hommage an Heinz Handschick (UA), Auftragskomposition von Luca Staffiere (*1990) sowie Werke von Pierre Boulez (1925—2016) und Ursula Mamlok (1923—2016), Interpretation: Henriette Scheytt (Violine)
28. März 2019, 19 Uhr
Super-Illu! Wenn man Illustration sagt, erstarren alle!
Ein Gespräch über Illustration. Initiiert von Uta Schneider und Ulrike Stoltz (Offenbach/Berlin), mit Juliane Wenzl, Illustratorin (Leipzig), Matthew Tyson, Künstler (Crest, Frankreich), Dr. Stefan Soltek, Kunsthistoriker (Klingspor-Museum Offenbach) und Christopher Breu, Typograf (Hegenbarth Sammlung Berlin)
06. April 2019, 12–14 Uhr
Internationaler Slow Art Day mit Führungen und Workshops
- Hegenbarth Sammlung Berlin
Nürnberger Straße 49, 10789 Berlin - Öffnungszeiten Di–Fr, 12–16 Uhr u. n. V.;
Schulklassen und angemeldete Gäste, werktags ab 9 Uhr, - Eintritt frei, Zugang barrierefrei
- www.herr-hegenbarth-berlin.de