Carsten Nicolai
Computersound als visuelle Struktur

2015 feiert das Kunstmuseum Stuttgart sein 10-jähriges Bestehen. Die Sonderausstellungen sowie das Rahmenprogramm zu diesem Jubiläum stehen unter dem Thema »Kunst & Musik«. Auch die Ausstellungsreihe Sound in Motion widmet sich den Wechselwirkungen zwischen den beiden Kunstformen aus der Perspektive zeitgenössischer Video- und Performancekunst, zwei Gattungen, in denen sich visuelles und akustisches Erleben besonders anschaulich miteinander verbindet.

In wechselnden Einzelpräsentationen zeigt das Kunstmuseum Stuttgart in der Ausstellungsreihe Sound in Motion. Internationale Video-und Performancekunst bis zum 15. Januar 2017 Arbeiten von Tatiana Blass, Candice Breitz, Filderbahnfreundemöhringen FFM, Kristof Georgen, Rodney Graham, William Hunt, Annika Kahrs, Ragnar Kjartansson, Christian Marclay, Hajnal Németh, Carsten Nicolai, Fernando Sánchez Castillo und Ann-Sofi Síden mit Jonathan Bepler. Hierzu finden ergänzend Konzerte und Performances auf dem Kleinen Schlossplatz statt.

Der vierte Teil der Reihe widmet sich dem bildenden Künstler, Komponisten und Musiker
Carsten Nicolai (geb. 1965 in Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, lebt in Berlin). Seine Objekt- und Installationskunst wurde u.a. auf der documenta X (1997) und der Biennale von Venedig (2001) ausgestellt. Sie ist hauptsächlich von naturwissenschaftlichen Referenzsystemen inspiriert; sie greift dabei mathematisch-kybernetische Muster wie Grids, Codes, Fehler-und Zufallsstrukturen genauso auf wie Prozesse der Selbstorganisation aus Biologie, Chemie und Physik.

Das Kunstmuseum Stuttgart präsentiert die Videoinstallation unidisplay (2012), in der Nicolai Aspekte optischer Wahrnehmung untersucht und deren Mechanismen erlebbar macht. Die Installation versammelt verschiedene optische Phänomene und ästhetische Reize, die in einem festgelegten Rhythmus hintereinandergeschaltet sind und durch grafische Module in Schwarz-Weiß auf einer langen Projektionswand anschaulich gemacht werden. Die einzelnen Module enthalten zudem akustische Elemente, zum größten Teil tiefe Frequenzen, die über ein spezielles, in einer Sitzbank installiertes Lautsprechersystem übertragen werden und die visuelle Rezeption unterstützen.

Auf drei Ebenen beschäftigt sich Carsten Nicolai in »unidisplay« mit der Leistungsfähigkeit des menschlichen Wahrnehmungsapparats: Die erste behandelt den Faktor Zeit und verschiedene Verfahren, diese visuell zu inszenieren und so begreifbar zu machen. Die zweite Ebene befasst sich mit der Struktur und Systematik von symbolischen Zeichenordnungen und deren Funktionsweise. Die Entstehung von optischen Täuschungen und Illusionen wird auf einer dritten Ebene erforscht. unidisplay ist eine wissenschaftlich-künstlerische Versuchsanordnung, deren Prinzip offen und damit potenziell unbegrenzt fortsetzbar ist, da die Möglichkeiten visueller Formen unerschöpflich sind. Die virtuelle Unendlichkeit wird für den Betrachter im doppelten Sinne erfahrbar, da die Projektion seitlich durch zwei Spiegelwände optisch ins Endlose erweitert wird.

Samstag, 18. Juli 2015, 22 Uhr alva noto /α (alpha) pulse
2006 wurde hinter dem Kunstmuseum, auf dem Kleinen Schlossplatz, Nicolais interaktive Plastik Polylit installiert, die inzwischen zum festen Bestandteil des Stuttgarter Stadtbildes zählt. In unmittelbarer Nähe wird der Künstler unter seinem Pseudonym alva noto am Samstag, 18. Juli 2015, 22 Uhr, sein Live-Set α (alpha) pulse aufführen, das unidisplay um eine weitere Ebene ergänzt.

www.kunstmuseum-stuttgart.de
 
Kunstmuseum Stuttgart
Kleiner Schlossplatz 1
70173 Stuttgart