Bettina Krieg

Bettina Krieg »P 142« 2014, Tusche auf Papier, 140 x 103 cm, Foto: Eric Tschernow, Bettina Krieg VG-Bildkunst
Die Zeichenkunst ist aus dem Flüchtigen, aus der Skizze geboren. Meist hat sie eine andere Arbeit vorbereitet oder eingeübt: Malen, Bauen, Konstruieren. So war die Zeichnung Hilfswerk, wenngleich sie in ihrer Unmittelbarkeit immer schon, oft kühner und entschiedener als Malerei, Charakter und Stil des Künstlers offenlegen konnte.
Seit langem ist die Zeichnung auch eigenständiges Kunstwerk, das, wenn nicht Welten, dann doch große Szenarien entfaltet. Sieht man sich bei aktuellen Zeichnern um, reicht das Spektrum von dunklen Vergangenheits-Fiktionen (Marcel van Eeden) bis zu feiner Niemandsland-Kartographie (Jorinde Voigt). Aber es gibt relativ wenige Künstler und Künstlerinnen, die das Zeichnen zu ihrer Hauptbeschäftigung machen. Zu diesen wenigen gehört Bettina Krieg. Sie entwirft keine Szenen. Ihre Arbeiten gehen den Weg der Zeichnungs-Geschichte zurück, bleiben jedoch eigenständig. Schritt für Schritt zerstäuben sie die Welt des Konkreten und ziehen sie ins Flüchtige, Skizzenhafte. Deshalb vergibt Krieg keine suggestiven Titel, deshalb zeichnet sie nie Menschen. Die menschliche Gestalt in der Kunst wirbt für das Echte; Leib und Gesicht sind die greifbaren Anhaltspunkte der Existenz, die man sich pastos ölfarbig und fein gepinselt vorstellen mag. Dahinter lauert, unheimlich und doch freundlich, die Abstraktion. Sie formt das vermeintlich bekannte Leben um.
Es gibt Künstler, die ihre Alpträume abbilden. Krieg reduziert Träume und Alpträume gleichermaßen, so dass am Ende selbst der Blick auf sie, die Autorin, ins Vage gelenkt wird. Wie stellt sich ihr Charakter dar, folgt man der Sprache ihrer Zeichnungen? Flucht ins Unkonkrete? Ein grünes Mond-Meer aus Stahlwolle? Die Unordnung der Dinge? Eine fatale, ungeheure Stille? Die manische Präzision, mit der sie ihre ‚Verskizzungen’ in wochenlanger Feinarbeit aufs Papier bringt, spricht für solche Ruhe.
Bei Bettina Krieg ist das Flüchtige nicht unruhig, flirrend wie ein Mückenschwarm. Es ist still und flächig. Die Wirkung der Zeichnungen, gerade der neuen, ist meditativ. Sich selbst begegnet man in ihren Bildern aber nicht – was in einer Zeit, in der man von Automobil-Armaturen und digital gesteuerten Kühlschränken als Individuum angequatscht wird, lebensnotwendig erscheint. Das ist die Utopie der Skizze. Text: Simon Elson
Bettina Krieg (*1981 Würzburg) studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Berlin, École Supérieure des Beaux-Arts de Marseille und Australian National University of Canberra. Sie war Meisterschülerin von Hans J. Diehl, Robert Lucander und Daniel Richter. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Philipp Karl Moritz

Philipp Karl Moritz »o. T« 2015, Öl auf Leinwand, 175 x 210 cm
Die Bilder von Philipp Karl Moritz zeigen ein fortwährend stilles Ringen zwischen der abstrakten und gegenständlichen Welt. In seinen monochromen und gerasterten Arbeiten herrscht die reine Suggestionskraft der Farben und Farbräume vor. Besetzen kleinformatige, zuweilen auch übergroße, präzise gemalte Objekte diese feinen Farbräume, so kippt die reine Abstraktion in die Dingwelt, hin zu einem eigentümlichen, reduzierten Stillleben. Verorten lassen sich diese Stillleben kaum, da sie meist lediglich auf einer sich in den Vordergrund schiebenden Tischkante oder in einem skizzenhaft angedeutetem Gefäß liegen.
Die reduzierten Bildkompositionen von Philipp Karl Moritz verhandeln dabei sowohl die innere Beziehung der reinen Farbe als auch das Ineinander- und Auseinanderfallen einer des Gegenständlichen und Abstrakten. Im Aufbau von Fläche und im Umgang mit der Linie geht er grundsätzlichen Fragestellungen der Malerei nach, die mit der Klassischen Moderne keineswegs abgehandelt sind. Jener begegnet er dabei häufig mit Witz und Skepsis, wenn er zum Beispiel eines seiner Rasterfelder auf einer schiefen Ebene hinabrutschen oder von einer krude gemalten rechteckigen Linie einfangen lässt.
Was Philipp Karl Moritz Arbeiten zusätzlich eigen machen und in unserer schnelllebigen Konsumwelt verankern, ist die glänzend ledrige Stofflichkeit seiner Gemälde, deren pulsierende, unebene Oberfläche, die er durch tagelanges Verreiben der letzten noch feuchten Ölschichten hoch verdichtet und poliert. Doch weder hinter dem Objekt noch hinter der Oberfläche der glänzenden Haut und ihrer fetischisierenden Fläche erwartet den Betrachter nicht die Erfüllung eines kurzen Glücks, sondern vielmehr die Frage nach der eigenen Verortung.
Philipp Karl Moritz (*1977 München) studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig – Academy of Visual Arts Leipzig bei Boris Mikhailov und Timm Rautert, sowie an der Akademie der Bildenden Künste Wien bei Daniel Richter. Er lebt und arbeitet in Berlin.
Di. bis Fr. von 11 bis 18 Uhr
Sa. von 11 bis 16 Uhr Ort
Galerie Parrotta Contemporary Art
Augustenstr. 87-89
D – 70197 Stuttgart
T +49.711.69 94 79 10
F +49.711.69 94 79 20 www.parrotta.de